Pythagoras – Der griechische Philosoph

Pythagoras war ein Philosoph und Lehrer, dessen Einfluss auf die Menschheit tief greift, obwohl seine wahre Bedeutung bis heute weitgehend unerkannt geblieben ist. Dieser Meister der Alterslosen Weisheit wurde durch die Jahrhunderte gezielt auf eine einzige mathematische Formel reduziert, obwohl er der Menschheit so viel mehr vermittelte. Diese Verfälschung und Reduktion seiner Bedeutung dienen weder dem Schüler der Alterslosen Weisheit noch der Menschheit insgesamt.

Pythagoras wurde als Meister der Alterslosen Weisheit (zunächst als Aufgestiegener Meister/Ascended Master und dann als Meister der Weisheit/Master of Wisdom) von Lehrern in Ionien, Griechenland, Ägypten und Chaldäa (dem südlichen Teil des heutigen Irak) angeleitet. Historiker berichten, dass er in Chaldäa wieder mit den Lehren des großen Zoroaster vertraut gemacht wurde. Diese Überlieferung beschreibt nur einen Teil der Wahrheit und lässt außer Acht, dass Pythagoras bereits in vielen vorherigen Leben als Meister gelebt und gedient hatte. Er wurde von Pythaïs geboren, einer Frau, die selbst eine Meisterin war. Sie verkörperte Göttlichkeit und Heiligkeit in einer solchen Tiefe, dass ein Meister durch sie inkarnieren konnte. Über sie ist, außer einer Erwähnung in einem samischen Gedicht, wenig überliefert:

"Pythaïs, die Anmutigste des samischen Stammes gebar, aus der Umarmung des Gottes des Tages, den berühmten Pythagoras, Freund des Jove“.[1]

Pythagoras galt als „Sohn“ des Apollo – einfach ausgedrückt, als ein Mitglied der Hierarchie auf Erden, ein vollständig realisierter Sohn Gottes.

Aus der Heiligkeit geboren und von Pythaïs aufgezogen, lebte er – bevor er offiziell eine Schule besuchte – das, was heute als The Way of The Livingness bekannt ist. Schon vor seiner Geburt wurde er darauf vorbereitet, die empfangenen Lehren zu verkörpern und das, was er in früheren Leben mit Würde gelebt hatte, wieder zu entfachen. Durch seine Hingabe an die Lehren der Meister, die vor ihm gelebt hatten, konnte er sich schnell und vollkommen wieder mit seiner Seele verbinden. Es war stets seine göttliche Bestimmung gewesen, der verlorenen Menschheit einfache Mittel zur Verbindung mit dem Licht ihrer Seele zu bieten. So lehrte Pythagoras diejenigen, die bereit waren, auf die Annehmlichkeiten des normalen menschlichen Lebens zu verzichten und Schüler ihrer Seele zu sein – Schüler von The Way of The Livingness.

Da die in Griechenland zu jener Zeit herrschenden Mächte es nicht zuließen, gründete Pythagoras seine Schule in Italien. Er wählte einen abgelegenen Ort, an dem er die im Einklang mit den Impulsen der Seele stehende Lebensweise ungehindert von der politischen Kontrolle seiner Zeit lehren konnte.

Es war eine einzigartige Schule, die den Schülern vermittelte, dass es zwei Energiequellen gibt, auf die man sich ausrichten kann – Geist oder Seele, und dass es möglich ist, die Ausrichtung auf die Seele im menschlichen Leben zu erlernen und zu meistern. Der Sinn der Schule bestand darin, den Schülern alle notwendigen Reflexionen anzubieten, um Aufgestiegene Meister zu werden, die das Licht ihrer Seele verkörpern. Und darin war seine Schule überaus erfolgreich und brachte in dieser schwierigen Zeit voller Aggression, Missbrauch und brutaler Kriege viele Meister hervor. Wir dürfen nicht vergessen, dass dies eine Zeit war, in der Machthaber skrupellos morden und zerstören konnten. Es gab keine Institution, die Rechtssicherheit bot und es gab kein System, das menschlichen Anstand vertrat, auf den man sich berufen, keinen Herrscher, bei dem man Schutz suchen konnte. Angesichts der Schutzlosigkeit dieses großen Lehrers und seelen-vollen Vorbildes ist es umso außergewöhnlicher, dass viele ihre Seele unter der Führung von Pythagoras in einem einzigen Leben wieder vollständig verkörperten. Dies war zuvor nur wenigen gelungen. Seine Qualität als lebendiger Ausdruck des seelen-vollen Lebensweges, The Way of The Livingness, war Inspiration für die Schüler, ihre Verbindung zur universellen Ordnung und ihrer beständigen Weisheit in sich selbst zu suchen.

Pythagoras galt und gilt bis heute als Vorbild des wahren Lehrers. Mit unerschütterlicher Hingabe verband er sich mit dem Universellen Willen und lehrte, dass die durch ihn vermittelte Weisheit einzig und allein seiner Verbindung zum Göttlichen entsprang.

Er inspirierte seine Schüler, die eigene Verbindung zum Göttlichen gleichermaßen zu erkennen und sich somit denselben Zugang zur Weisheit zu erschließen. Stets durchschaute er den dunklen Schleier ihrer menschlichen Fehler und Schwächen und sah die Essenz ihres Wesens. Streng entlarvte er ihre geistige Arroganz und Widerspenstigkeit und widmete sich mit ganzem Einsatz der Wiedererlangung ihres seelenvollen Ausdrucks. Er wusste, dass sie ihm in ihrer Essenz ebenbürtig waren und akzeptierte nichts Geringeres, bis sie als ebenbürtige Meister an seiner Seite standen, als gleichwertige Gefäße für den Ausdruck des göttlichen Plans auf Erden.

Die Bewegung, die Pythagoras gründete, war wahrhaft philosophisch – ihre Grundlage war eine Lebensweise im Einklang mit den Impulsen der Seele. Seine Schule war bekannt für Disziplin, Klarheit und Einfachheit. Seine Schüler arbeiteten wie andere auch; sie bestellten das Land, bauten Getreide an, hüteten ihre Herden, stellten Werkzeuge her und bauten Häuser. Es war die Art und Weise, wie sie arbeiteten, die sie von den meisten Menschen unterschied. Die absolute Hingabe an die Qualität dieser Arbeitsweise war in dieser Phase der Menschheitsgeschichte vonnöten, um die rücksichtslose Missachtung seitens des menschlichen Geistes abzustreifen und es den Schülern zu ermöglichen, zunächst den Impuls der Seele (als zartestes Flüstern) zu fühlen, sich wieder damit zu verbinden und schließlich im Einklang damit zu leben.

Durch ein einfaches Leben im Einklang mit den natürlichen Zyklen war es den Schülern möglich, sich auf die energetische Qualität und Integrität einzulassen, die ihre Handlungen und Gedanken prägten. Mit dem Eintritt in diese Schule wurde von den Schülern erwartet, mehrere Jahre lang zu schweigen. „Schweige still oder lass deine Worte mehr wert sein als die Stille." Das Schweigen war keine Unterdrückung des Ausdrucks – für die Schüler war es ein Werkzeug, um sich der Qualität ihrer Gedanken und Handlungen bewusst zu werden und letztlich deren Herkunft zu erkennen – entweder aus dem Bereich des Geistes oder von der Ebene der Seele.

Pythagoras unterrichtete auch Musik – die Reinheit einzelner Noten und die Schönheit der Akkorde in ihrer Kombination. Er vermittelte seinen Schülern das Eine Lied des Universums. Lebten sie in Harmonie mit dieser Schwingung oder waren sie in Disharmonie mit diesem allgegenwärtigen Klang? So wurde es den Schülern des Pythagoras ermöglicht, die Schönheit und Kraft der menschlichen Essenz in ihrem vollkommenen Ausdruck zu erkennen und somit als eine vollkommene Note in dem Einen Lied des Allumfassenden zu leben. Ihnen wurde ein tiefes Verständnis dafür geboten, wie jede einzelne Note in Einheit mit anderen klingen kann, sollten sie sich darauf einlassen, das Eine Lied zum Universum und wahre Brüderlichkeit zum Sinn ihrer Existenz zu machen.

Die Mathematik war auch ein wesentlicher Teil der Lehren, aber weit entfernt von der heutigen, durch Intellektualität beherrschten Vorgehensweise. Pythagoras nutzte die Mathematik, um die Beziehungen zwischen den Dingen zu beschreiben und um zu veranschaulichen, dass alles, was existiert, durch seine Beziehung zu allem anderen verstanden werden kann – dies war die Wissenschaft der Sternbilder. Durch präzise Vermittlung der Eigenschaften der Zahlen förderte er in seinen Schülern das Verständnis für die evolutionäre Kraft zyklischer Abläufe – die universellen Gesetze der Numerologie und ihre praktische Anwendung, um göttliche Qualität in das menschliche Leben zu bringen. Dies ermöglichte den Schülern, die Verbindung zu ihrer Seele in einem für sie nie zuvor erreichten Tempo zu vertiefen.

Ebenso wesentlich für die Schule waren seine astronomischen/astrologischen Lehren. Sie waren dem Weltbild der katholischen Kirche, das während des langen europäischen Dunklen Zeitalters herrschte, weit voraus. Der verbreitete Glaube an eine primitive Vergangenheit ist hiernach ebenfalls ein Irrglaube. Schon vor Christus wusste Pythagoras, dass sich die Erde um ein zentrales Feuer bewegt. Er lehrte die Stellung der Planeten in unserem Sonnensystem sowie die Bedeutung der Sternenkonstellationen als Reflektion der universellen Qualitäten, die wir als Menschen auf dieser Erde leben können – Okkulte Astrologie.

Harmonie – die Verkörperung einer Bewegung, die Stille beinhaltet, ist eine der fünf Eigenschaften der Seele und war ein wesentlicher Teil der pythagoreischen Lehren. Er führte seine Schüler in eine Art von Diskussion ein, die auf Vertiefung von Harmonie und dem Zugang zur Einen Vereinenden Wahrheit beruhte. Es ist heute fast unvorstellbar, wie das möglich war, so sehr sind wir der Vorstellung von Diskussion als intellektuellem Wettstreit verhaftet. Diskussion zielt im Allgemeinen darauf ab, das Argument des anderen (und in der Tat „den anderen“ selbst) auseinander zu nehmen, so sehr sind wir an das Gräuel gewöhnt, uns gegenseitig zu übertrumpfen und an den Makel und die zerstörerische Kraft des „Verlierens“. Der Sinn der pythagoreischen Debatte war es, das Verständnis jedes einzelnen Teilnehmers ausnahmslos zu wecken, zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Es gab keinen Gewinner, keine Ehre in individueller Genialität, keinen Einzelnen, der isoliert vom Ganzen agierte – jeder Beitrag brachte die Gesamtheit entweder schlichtweg zu größerer Harmonie oder nicht. Auf eine sehr tief gehende Art und Weise wurde in diesen Klassen das energetische Bewusstsein der Schüler entwickelt – sie lernten, sich niemals von klugen Argumenten verführen oder von intellektueller Überlegenheit beirren zu lassen. Sie lernten, die Energie der Worte zu lesen, die wahre Absicht des Sprechers und die Quelle, aus der er seinen Beitrag schöpfte.

Wesentlich für die Umsetzung des göttlichen Plans auf Erden und deshalb von großer Bedeutung brachten diese Debatten jedem Schüler die gelebte Erfahrung der Einen Vereinenden Wahrheit – der universellen Wahrheit, die alle gleich hält. Pythagoras wusste, dass wir alle einer Quelle entstammen. Es ist die Ausrichtung auf die Eine Vereinende Wahrheit, die uns zu der Einen Menschheit zurückbringen und die Herrschaft des Geistes auf Erden beenden wird.

In der Schule des Pythagoras war jede der fünf Eigenschaften der Seele wesentlich – Stille, mittels Schweigens und Präsenz; Liebe, als Einheit von Sinnhaftigkeit und dem Bewusstsein für das Allumfassende; Harmonie, durch Bewegung, die ihre Impulse aus der einen Quelle schöpft; Freude, durch Erkennen von Universalität und der Majestät des Alls; und Wahrheit – im Bewusstsein dessen, was wir eigentlich sind und das Wissen um den Göttlichen Plan.

Es ist kein Wunder, dass Pythagoras verfolgt und seine Schule zerstört wurde, sobald die damals herrschenden Mächte auf ihn aufmerksam wurden. Dennoch hörte er nie auf zu lehren. Seine Hingabe war groß, wusste er doch, dass der wahre Sitz seiner Schule im Himmel war und keine irdische Instanz die Wahrheit, die er der ganzen Menschheit anbot, vermitteln konnte.

Er inspirierte viele bedeutende Initiierte, die ihrerseits die Menschheit inspirieren sollten, das Licht ihrer Seele auf Erden zu leben. Ein Jahrhundert nach Pythagoras' Tod trat Platon mit seinem großen Werk in dessen Fußstapfen. Kopernikus wurde später stark von Hermes und Pythagoras inspiriert, als er sein großes heliozentrisches Werk „De Revolutionibus“ verfasste; und das zu einer Zeit, als jedes In-Frage-stellen des aristotelisch-katholischen Glaubens an das geozentrische Modell sein Leben in Gefahr brachte. Zur wahren Bedeutung von Pythagoras bot Kopernikus in seinem großen astronomischen Werk diese Übersetzung aus dem Brief von Lysis an:

„...Weil er mit seinen Lehren nicht hausieren ging, verpackte er (Pythagoras) die Wahrheit nie in die geistreichen Tricks, mit denen die Sophisten den Verstand der jungen Menschen verwirren; er war der Meister aller Dinge, ob menschlich oder göttlich."[2]

Das Vermächtnis des Pythagoras ist bis heute lebendig in der Einfachheit, der Disziplin und der unerschütterlichen Hingabe an die universelle Weisheit, in der miteinander und mit dem Universum gelebten Harmonie, in der Ehrung der Zyklen des Lebens und in der Ausrichtung auf die Seele und die Reinheit ihres Tons in dem Einen Lied, das das Ganze singt.


  • [1]

    Taylor, T. Iamblichus’ Life Of Pythagoras, Pythagoric Life. London: J.M. Watkins; 1818. Kapitel II, Seite 2. https://classicalastrologer.files.wordpress.com/2012/12/iamblichus-the-pythagorean-life-1.pdf

  • [2]

    Africa, T. Copernicus' Relation to Aristarchus and Pythagoras. Isis. 1961;52(3): 403-409. Entnommen: August 24, 2020, aus http://www.jstor.org/stable/228080


Frei übersetzt aus dem Englischen. Originalartikel: Pythagoras

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  • Illustration: Desiree Delaloye, Entrepreneur, Creative Director, J.P.