Korruption am Arbeitsplatz

Korruption am Arbeitsplatz

Korruption am Arbeitsplatz

Ist Unternehmens- oder Wirtschaftskorruption ein Gesprächsthema, über das während der Arbeitspause gesprochen wird? Wenn nicht – vielleicht sollte es eins sein...

Eine schnelle Internetrecherche zu Wirtschaftskorruption zeigt eine Vielzahl von Artikeln über korrupte Arbeitspraktiken.

So liest man z.B. auf n-tv.de: „Mehr als 104 Milliarden Euro gehen Deutschland angeblich Jahr für Jahr aufgrund von Korruption verloren. Das sind etwa vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das geht aus einer Studie der Europäischen Grünen hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. In der gesamten EU belaufen sich die Kosten der Korruption pro Jahr demnach auf mehr als 900 Milliarden Euro.“[1]

Und „auf mindestens 2600 Milliarden Dollar pro Jahr beziffert die Uno die Kosten, die weltweit durch Korruption verursacht werden – fünf Prozent der globalen Wirtschaftsleistung. Die schädlichen Folgen des Phänomens sind seit langem bekannt. Bereits in den 1990er Jahren sprach der damalige Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz von einem «Krebsgeschwür», das das Wirtschaftswachstum eines Landes eindämme und die Entwicklung behindere.[2]

In einem Artikel über Unoil mit dem Titel "The Bribe Factory"[3] (die Bestechungsfabrik) wird uns gesagt, dass die Untersuchung "das wahre Ausmaß der Korruption in der Ölindustrie aufgedeckt hat, indem sie Dutzende führender Unternehmen, Bürokraten und Politiker mit einem ausgeklügelten globalen Netz von Bestechung und Fälschung in Verbindung gebracht hat".

Überall gibt es Nachrichten über Korruption, doch Deutschland hinkt bei der Korruptionsbekämpfung laut der Organisation Transparency International anderen Ländern hinterher.[4]

Es ist offensichtlich, dass es in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von korrupten Arbeitspraktiken in der Unternehmenswelt gegeben hat und weiterhin gibt. Einige denkwürdige Beispiele sind:

  1. Enron (2001) - einer der größten Buchhaltungsbetrügereien der Geschichte[5]

  2. Siemens AG (im Jahr 2011) - Bestechung von Regierungsbeamten[6]

  3. BAE Systems, USA (2010) - Bestechungsgelder für einen Botschafter bei einem Waffenhandel im Wert von mehreren Milliarden Dollar[7]

  4. Daimler AG (im Jahr 2010) - illegale Zahlungen an ausländische Amtsträger[7]

  5. Die Schmiergeld Affären von Rüstungskonzernen Rheinmetall und Ferrostaal (2011 und 2014)[8]

Es ist kein Geheimnis, dass Korruption in Unternehmen ein offensichtliches Problem darstellt.

Was aber ist Korruption, abgesehen von dem, was man in den Nachrichten hört? Geht es nur um offensichtlichen, großangelegten Betrug, Mafia-Kriminalität, illegale Aktivitäten, Bestechung, Fehldarstellung oder vorsätzliche Falschvermarktung? Geht es nur um die großen Organisationen, die sich an Geldwäsche und Finanzbetrug beteiligen? Übergehen wir dann nicht die weiterreichenden Formen der Korruption, die sich direkt vor unserer Nase abspielen, wie z.B. scheinbar kleine Verfehlungen, und nehmen diese einfach nicht wahr?

Was ist mit den kleinen Momenten der Unehrlichkeit oder den sogenannten "Notlügen", die wir alle jeden Tag beobachten können? Sind das nicht auch korrupte Handlungen?

Wenn wir uns eingehender mit dem Thema Korruption befassen, wird deutlich, dass sie weitaus verbreiteter ist, als uns vielleicht bewusst ist, und dass wir, wenn wir nur zuschauen, die Korruption mittragen. Wenn wir nicht ehrlich mit uns selbst sind, machen wir uns nicht nur gegenüber dem, was Korruption bedeutet, blind, sondern auch gegenüber der Korruption, die um uns herum passiert - da unsere Korruptions-"Antennen" abstumpfen.

Kleine Korruption führt zu großer Korruption, und mit ein paar Augenblicken des Nachdenkens sind die kleinen Korruptionsfälle ohne Zweifel in allen Arbeitsorganisationen weit verbreitet. Dies kann Folgendes beinhalten:

  • Nutzung von Arbeitsressourcen für den Privatgebrauch, z.B. Fotokopieren, Mitnehmen von Bürobedarf, etc.
  • Darstellung von Statistiken und Zahlen für unseren Teil des Geschäfts, die nur die "guten" Ergebnisse zeigen.
  • In einer Besprechung eine pauschale undurchsichtige Erklärung abgeben, dass man mit dem Projekt auf dem richtigen Weg sei, obwohl man weiß, dass man tatsächlich noch einen hohen Berg an Arbeit vor sich hat.
  • Nichts zu sagen, wenn ein Kollege für etwas zurechtgewiesen wird, von dem man weiß, dass man dabei mitgewirkt hat.
  • Den Mund nicht aufmachen, wenn eine Führungskraft schikaniert oder ausfallend wird.
  • Stiller Zuschauer bleiben, wenn man etwas sieht, das einfach nicht stimmt.

Dies wirft die Frage auf, wie gewillt sind wir, Korruption am Arbeitsplatz wahrzunehmen?

Wenn wir nicht gewillt sind, die Korruption um uns herum zu sehen, oder sie zu sehen und diese aber nicht anzusprechen, ist das nicht an sich schon korrupt?

Was uns am Arbeitsplatz unter Spannung setzen kann, ist die Tatsache, dass wir eigentlich alle zutiefst betroffen sind, wenn wir Unehrlichkeit, Missbrauch und Korruption auf vielen Ebenen erleben. Wir sind oft in dem Glauben, dass es die Aufgabe eines anderen ist, es in Ordnung zu bringen, aber inwiefern sprechen wir darüber oder handeln entsprechend, um eine Veränderung herbeizuführen?

Wenn wir uns wirklich mit Korruption befassen wollen, sollten wir mit einem guten, unverblümten und ehrlichen Gespräch darüber beginnen:

  • wie unsere Arbeitsmethoden tatsächlich aussehen,
  • über den Missbrauch, den wir sehen und fühlen,
  • die Korruption, die wir sehen und fühlen,
  • unsere Rolle, die wir dabei spielen.

Indem wir die großen Themen auf unseren eigenen Alltag zurückbringen und unser eigenes Leben und verhalten beleuchten, bekommen wir auf viele Missstände, z.B. am Arbeitsplatz, einen ganz neuen Blick und sie verlieren an Intensität. Hierbei geht es nicht darum, uns zu verurteilen oder kritisch mit uns zu sein. Wir können durch das tiefere gemeinsame Verständnis, was hieraus entstehen kann und den anderen Ansätzen und Wegen in puncto Arbeitsweise, die so möglich werden, zu einem ganz neuen Umgang mit der Thematik kommen und dabei gleichzeitig sowohl der individuellen Korruption, wie auch der Systematischen etwas entgegen setzten, nämlich Integrität.


  • [1]

    NTV Wirtschaft (07. Dezember 2018) https://www.n-tv.de/wirtschaft/Korruption-kostet-Deutschland-Milliarden-article20759549.html

  • [2]

    Neue Zürcher Zeitung (2019) https://www.nzz.ch/international/weltweites-korruptionsranking-die-absteiger-und-aufsteiger-ld.1455410

  • [3]

    The Bribe Factory: The company that corrupted the global oil industry. (2016). Sydney Morning Herald. Retrieved 21 August 2016, from http://www.theage.com.au/interactive/2016/the-bribe-factory/day-1/the-company-that-bribed-the-world.html

  • [4]

    https://www.transparency.org/news/pressrelease/deutschland_hinkt_bei_der_korruptionsbekaempfung_internationalen_standards

  • [5]

    BBC News (2002) Enron Scandal at a Glance. August. http://news.bbc.co.uk/1/hi/business/1780075.stm

  • [6]

    Manager Magazin(2015) Athen macht Ex-Siemens_Manager den Prozess https://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/nach-schmiergeldskandal-prozess-gegen-ex-siemens-manager-in-athen-a-1064723.html

  • [7]

    Fiscal Times (2011) The Ten Largest Global Business Corruption Cases http://www.thefiscaltimes.com/Articles/2011/12/13/The-Ten-Largest-Global-Business-Corruption-Cases

  • [8]

    Frankfurter Rundschau (2018) Wie korrupt ist Deutschland? https://www.fr.de/wirtschaft/korrupt-deutschland-10983612.html


Frei übersetzt aus dem Englischen. Originalartikel: Corruption at work – What is it?

Gelistet unter

KommunikationTeamarbeitVerantwortungsbewusstsein

  • Foto: Clayton Lloyd