Mobbing geht uns alle an!
Mobbing geht uns alle an!
Der Begriff des Mobbings ist erst seit den 80er/ 90er Jahren geläufig geworden, aber Mobbing hat es natürlich auch schon vorher gegeben. Gemobbt wird auf dem Schulhof, im Internet, am Arbeitsplatz – und das schon sehr, sehr lange.
Mit der Einführung des Begriffs Mobbing hat man endlich „offiziell“ anerkannt, dass Mobbing stattfindet und es als nicht akzeptabel klassifiziert.
Es gibt viele Facetten und Formen des Mobbings. Mobbing bezeichnet eine Situation, in der eine Person oder Gruppe über eine andere Person schlecht redet, aktiv versucht, ihr Schaden zuzufügen, sie zu diffamieren und in Verruf zu bringen, bis hin zu extremen Formen wie kontinuierlicher Schikane und Psychoterror. Mobbing am Arbeitsplatz kann zum Beispiel sein, wenn jemand sinnlose Aufgaben erhält, für seine Arbeit ständig kritisiert wird, wenn Informationen vorenthalten oder falsche Tatsachen behauptet werden oder man sozial isoliert wird. Mobbing am Arbeitsplatz kann aber auch sein, wenn jemand im Vergleich zu Kollegen mit derselben Tätigkeit schlechter bezahlt wird oder absichtlich nicht unterstützt und gefördert wird, immer mit dem Hintergedanken, dieser Person schlechtes zumuten oder sie loswerden zu wollen.
Mobbing geschieht meist „hinten rum“ auf eine subtile Art und Weise und ist daher nicht immer offensichtlich. Betroffene fühlen sich dadurch schnell überwältigt, hilflos oder allein gelassen, weil sie oft keine konkreten Beweise haben, die das Mobbing belegen. Daher kann es auch schwierig sein, gegen das Mobbing vorzugehen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten. Diese Tatsache spiegelt sich auch in der Literatur wider, wo es keine einheitliche Definition für Mobbing zu finden gibt.
Was passiert bei der Person, die gemobbt wird?
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen, dass ich zuerst mal irritiert war. Ich habe das Mobbing gespürt – merkte, dass über mich geredet und ich geschnitten wurde. Ich wurde ausgegrenzt. Da ich mir aber nicht bewusst war, etwas „Falsches“ getan zu haben, konnte ich nicht verstehen, was eigentlich los war. Ich fühlte mich verletzt und es machte mir Angst. Ich fühlte mich isoliert und ohnmächtig und wusste nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Besonders schlimm war es für mich, dass ich in dieser Firma niemanden hatte, mit dem ich über meine Erlebnisse reden konnte, um eine möglichst „objektive“ Rückmeldung zu erhalten zu dem, was geschah. Ich traute mich nicht, jemanden anzusprechen und um Unterstützung zu bitten, weil ich das Gefühl hatte, alle in der Firma seien gegen mich. Meine Sorge war, dass es dann noch mehr Ärger gegeben hätte bzw. man mir eh nicht geglaubt hätte. In meinem privaten Umfeld half es mir damals auch nur bedingt, mich darüber auszutauschen. Ich kann mich immer noch sehr gut an die Bauchschmerzen erinnern, mit denen ich jeden Morgen zur Arbeit ging, und an die Angst davor, was wohl an diesem Tag wieder alles passieren würde.
Rückblickend kann ich sagen, dass ich damals quasi null Selbstwert hatte oder besser gesagt, ich war überhaupt nicht mit meinem Selbstwert verbunden. Ich ließ vieles mit mir machen und wusste auch nicht, mich zu wehren. Heute noch kann ich fühlen, wieviel Kraft, Zeit und Energie mich das damals kostete – der Versuch, mich vor dem Mobbing zu schützen, die ständige Angst und Anspannung in meinem Körper, das permanente mir-Gedanken-Machen. Das Gefühl der konstanten Bedrohung vereinnahmte mein ganzes Leben.
Warum war ich mit meinem Selbstwert nicht verbunden?
Soweit ich mich erinnere, fühlte ich mich als Kind nicht als das Mädchen akzeptiert und geliebt, das ich damals war. Ich hatte das grundlegende Gefühl, dass wer und wie ich damals war, einfach nicht genug war. Um gemocht, geliebt und akzeptiert zu werden, musste ich bestimmten Vorstellungen und Idealen meiner Umwelt entsprechen und gewisse Erwartungen anderer erfüllen – so dachte ich damals.
Das führte dazu, dass ich mich sehr oft anpasste. In dem Versuch, immer lieb und nett zu sein, das zu tun, was man mir sagte, nicht vorlaut und gut in der Schule zu sein, ein gewisses Aussehen zu haben, bemerkte ich nicht, wie ich mich mit all dem immer mehr von mir selbst entfernte.
Ab einem bestimmten Punkt war ich irgendwann gar nicht mehr ich selbst, hatte die Verbindung zu mir und meinem Selbstwert verloren und funktionierte eigentlich nur noch. Es war mir nicht klar, dass das angepasst-Sein, der ständige Versuch, die Erwartungen und Vorstellungen anderer zu erfüllen, ein absoluter Trugschluss war.
Ich versuchte, Ideale und Vorstellungen zu erfüllen, die schwer zu erreichen waren, und sobald ich in meinen Bestrebungen mal erfolgreich war, setzte ich mir neue, höhere Erwartungen und Ideale, die nun wirklich kaum zu erreichen waren.
Somit bin ich mein Leben lang hinter etwas hergerannt, was mir von außen als erstrebenswert dargeboten wurde. Weil dadurch die Verbindung zu meinem inneren Wissen schwächer wurde, konnte ich irgendwann nicht mehr mit Sicherheit sagen, wer ich in meiner eigenen Essenz wirklich bin und was meine eigene Wahrheit ist.
Es ist nicht wichtig, hier alle Beispiele von Mobbing im Detail aufzuführen, denn es geht um das Muster, das hinter dem Ganzen liegt: Leben wir unseren Selbstwert und sind damit verbunden oder sind wir es nicht?
Wie ich zu meinem Selbstwert zurückgefunden habe
Inspiriert von den Präsentationen und Lehren von Serge Benhayon und Universal Medicine habe ich angefangen, wieder auf meinen Körper zu hören.
Was teilt mir mein Körper in jedem Moment mit? Höre ich auf das, was mein Körper mir sagt, und handle entsprechend oder ignoriere/ übergehe ich ihn und folge irgendwelchen Vorstellungen, Idealen, die ich in meinem Kopf habe, die von ‚außen’ von mir verlangt werden bzw. lasse mich von Ängsten und Zweifeln leiten?
Je mehr ich wieder auf meinen Körper gehört habe und dem gefolgt bin, desto mehr habe ich das Gefühl bekommen, dass ich mir treu bin. Das hat eine enorme Wirkung, denn ich tue das, was für mich und meinen Körper wahr ist; und ich stehe zu mir, was eine weitreichende Unterstützung und Bestätigung für mich ist. Das fängt bei ganz einfachen Dingen an wie:
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gehe ich schlafen bzw. lege ich eine Pause ein, wenn ich müde bin
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esse und trinke ich das, was meinen Körper unterstützt, ihm gut tut und ihn vital erhält
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tue ich mir und meinem Körper Gutes durch Spaziergänge und/ oder unterstützende Übungen und Bewegung
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wertschätze ich die Qualität, in der ich meine Arbeit mache und all die vielen Kleinigkeiten, die in meinem Alltag zu erledigen sind
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wertschätze ich meinen Austausch mit Freunden, Familie, Kollegen, Nachbarn oder auch den Menschen, denen ich auf der Straße oder beim Einkaufen begegne
Eines der für mich früher schwierigsten Dinge, das Aussprechen meiner Meinung und Wahrheit, begann sich auf dieser Basis zu verändern. Früher war ich es gewohnt, mich zurückzuhalten und das, was ich für richtig und wahr hielt, nicht an- oder auszusprechen, sondern für mich zu behalten. Das war der einfachste Weg, um den „lieben Frieden“ auf der Arbeit, in der Familie oder unter Freunden nicht zu stören. Ein einfacher Weg, der sich aber gar nicht gut in meinem Körper anfühlte, denn ich sprach nicht das aus, was mir auf dem Herzen lag und raus wollte.
Insgesamt ist das ein Prozess gewesen und ist es immer noch, bei dem sich mein Verhalten und Ausdruck, das Mitteilen meiner Wahrheit nach und nach im Laufe der Zeit verändert hat. Ich spreche nun an und aus, was ich zu sagen habe, selbst wenn es unbequeme Dinge sind. Ich merke, wie sich dadurch der Kontakt zu meinem Selbstwert verändert hat, gerade auch wenn ich mal „anecke“ und gerade dann bei mir bleibe und zu mir stehe. Dies alles ist ein Prozess des Ausprobierens und Wieder-Entdeckens, bei dem mir das Hören auf meinen Körper mal gelingt, manchmal aber auch nicht; es ist ein beständiges Lernen.
Heute, etwa 10 Jahre später, kann ich sagen, dass ich mir die Verbindung zu meinem Selbstwert, den wir alle ganz natürlich in uns tragen, wieder zu einem großen Teil zurückerobert habe. Das Schönste daran ist zu fühlen, wie wertvoll ich bin, zu spüren, wenn ich mit mir verbunden bin sowie die Stille, Kraft und Beständigkeit, die darin liegt.
Durch diese Veränderung bei mir hat sich auch meine Erfahrung des Mobbings verändert. Ich bin nicht mehr die Person, die sich klein macht und um des „lieben Friedens“ willen anpasst, sondern ich kann jetzt ansprechen wenn z.B. bei der Arbeit etwas nicht in Ordnung ist oder nicht fair läuft, auch wieder und wieder, wenn es sein muss... Insgesamt werde ich immer klarer und sicherer und merke, dass ich mich kaum noch zurückhalte. Ich fühle, was für mich wahr und unwahr ist, vertraue darauf und bekomme dadurch eine Freiheit und persönliche Autorität zurück, die mir niemand nehmen kann.
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