Selbstzweifel - Das akzeptierte Normal

Ist Selbstzweifel normal?

Selbstzweifel - Das akzeptierte Normal

Wer kennt sie nicht, die sogenannten Selbst- Zweifel.

Ich behaupte, jeder hat schon mal mit Zweifeln jeglicher Art in seinem Leben zu tun gehabt. Irgendwie ist Zweifeln ein Zustand, den wir als normal erklären - warum? Es ist fast schon so, wenn du dich nicht anzweifelst, giltst du in unserer Gesellschaft als arrogant oder zu selbstbewusst. Es wird fast schon erwartet, dass du nicht in deiner Größe bleibst und dich gefälligst hinterfragst. Somit entscheiden wir uns selbst dafür, denn keiner kann einem tatsächlich von außen Selbstzweifel einpflanzen.

Es fühlt sich an wie eine Welle, die auf uns einbricht und uns im Wasser untergehen lässt.

Bevor die große Welle jedoch entsteht, ist immer die ruhende See. Die alles im Angebot hat, in Weite und Leichtigkeit.

In dem Moment, in dem wir zu der Weite der See - der Wahrheit - nicht Ja sagen, die immer zuerst im Angebot ist, kommt die Welle angerollt, die uns umwirft. Und dann beginnt der Kampf, nicht zu ertrinken, wir schnappen nach Luft, wissen nicht mehr, wo oben und unten ist, schlucken vielleicht sogar Wasser und müssen uns mit viel Anstrengung wieder sortieren, um an die Wasseroberfläche zu gelangen. Das sind Zweifel.

Wenn die ruhende See immer der Urzustand und zuerst da ist, wieso verlassen wir diesen Zustand und Ort, wenn er soviel Weite und Erkenntnis birgt? Gibt es vielleicht einen Teil in uns, der die umwerfende Welle tatsächlich mag, obwohl wir uns schrecklich fühlen und nach Luft japsen, nachdem sie auf uns draufgerollt ist?

In der Weite der See, um bei dem Bild zu bleiben, fühlen wir uns verbunden mit dem Ganzen, da ist kein Störfaktor, da verblasst das ICH und wird zum WIR. Wir bewegen uns für das WIR und der Geist ruht im Gleichklang zur See. Immer bereit - aber ohne Anstrengung.

In dem Ungestüm der Welle drehen wir uns um uns selbst, das große Ganze haben wir beim Versuch, nicht zu Ertrinken, aus dem Blick verloren und die Verbindung zu unserem Körper ist durch das Durchwirbeln der Wassermassen und dem Versuch, nicht zu Ertrinken, gestört.

In dem Moment, in dem ich die Wahrheit einer Situation nicht voll einnehme und missachte, was ich direkt von Anbeginn fühlte/ gefühlt habe, werden mir als zweites sofort Zweifel angeboten. Sage ich zur Wahrheit nicht JA, sage ich automatisch zu den Zweifeln JA.

Der wichtige und entscheidende Teil dabei ist: Die Wahrheit der Situation kommt immer zuerst. Erst ist die ruhende See. Diesen Teil müssen wir abwerten und ignorieren, damit etwas anderes - die Welle - Platz finden kann.

Und das könnte z.B. sein, dass ich angefragt bin, in einer Situation mehr zu beobachten und damit mein Gegenüber nicht zu bewerten, also in tieferer Liebe und Verständnis zu halten. Wenn ich diese rufende Verantwortung in dem Moment vermeide und nicht sehen und ausdrücken möchte, öffne ich die Tür dafür, in Reaktion auf mein Gegenüber zu gehen und bereite somit den Weg für die Welle und darin unterzugehen.

Das Angebot der ruhenden See, mehr Liebe auszudrücken, den anderen in all seiner Imperfektion zu halten, war zuerst da, wir vermeiden jedoch die Verantwortung und finden uns dann in der Welle wieder.

Was also ist in jedem Moment im Angebot?

Wozu sagen wir zuerst NEIN, bevor wir uns in einem Zustand des Zweifels wiederfinden? Das sollten die Fragen sein, die wir uns stellen und uns nicht mit dem Zweifel und den damit einhergehenden Gedanken in dem Moment beschäftigen.

Und dies mag in jeder Situation etwas anderes sein: Klassischer Fall, jemand kommt auf uns zu und kritisiert bzw. zweifelt an, was man gemacht hat. Es gibt zwei Möglichkeiten: genau wie wir uns für die ruhende See oder den Kampf der Welle entscheiden, so prasselt auf uns entweder das eine oder das andere ein, im Meer der Energie, in dem wir uns befinden.

Entweder das Angebot kommt von der ruhenden See, d.h. es gibt wirklich etwas zu lernen und weiter zu wachsen mit dem Angebot der Reflexion oder es kommt von der Quelle der Welle, die einen umwerfen will.

Wir fühlen den Unterschied. Beim ersteren fühlen wir uns gehalten und wertgeschätzt - es geht etwas auf in uns - egal wie konfrontativ es auch sein mag, was an uns herangetragen wird. Beim zweiten ziehen uns Aussagen, die durch andere kommen runter, wir fühlen uns mies und es hinterlässt einen fahlen Beigeschmack. Kurzum, wir fühlen, wann wir es mit Liebe zu tun haben und wann nicht.

Wo ich in solch einer Situation ende, entweder in der Ruhe der See oder ums Überleben in der Welle kämpfe, hängt davon ab, inwiefern ich ganz klar lese, von wo eben, entweder der ruhenden See oder der Welle, die Aussage kam.

Wenn ich diesen Moment verpasse, ende ich zu 100% im Überlebenskampf der Wassermassen.

Also gilt es zu jedem Zeitpunkt:

  1. Mein erstes Gefühl und Wissen nicht in Frage zu stellen
  2. Ganz fein wahrzunehmen, woher kommt eine tatsächliche Anfrage, da alles zuerst Energie ist, bevor es in Worte geformt wird
  3. Wenn ich untergegangen bin in der Welle, sich nicht mit der Welle zu beschäftigen, sondern sich in den Fokus zu holen, welches Angebot der ruhenden See ich vermieden habe, bevor ich die Welle einlud

Die Welle kommt nur, weil wir nicht in der ruhenden See, wo wir EINS mit allem sind, verweilen möchten. In der ruhenden See wird Simplizität und die Verantwortung spürbar, die mit der Wahrheit einhergehen. Wollen wir das vermeiden?

Zweifel ist ein Abtrennen, von der Liebe, die uns immer umgibt. Wie kann das je normal sein.

Anstatt den Fokus auf die unzähligen Überlebensstrategien, den Kampf zu richten, können wir unsere Fitness mit dem wahren Normal stärken, mit der Weite und Verschmelzung mit dem Ganzen, der Simplizität, der unbändigen Freude von Leichtigkeit. Wenn ich „JA“ dazu und „NEIN“ zu Zweifeln sage, sind all diese Qualitäten unmittelbar da.

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  • Von Steffi Henn

  • Foto: Steffi Henn