Die Katharer

Die Katharer waren eine Gemeinschaft, die in Südfrankreich während des gesamten Mittelalters und bis weit ins 11., 12. und 13. Jahrhundert florierte. Während die katholische Kirche das Volk in ganz Europa durch Androhung der Inquisition gegenüber jedem, der ihre Doktrin in Frage zu stellen wagte, einschüchterte und in Angst und Schrecken hielt, blühte in einer kleinen Region im heutigen Frankreich eine Gemeinschaft, die frei von den Fängen der Kirche war. Hier waren Liebe, Religion, Freiheit und Leichtigkeit des Ausdrucks gesellschaftliche Norm.

Da die Energie, die die Katharer in dieser Gegend erdeten, eine ganze Region veränderte, gehörten zu dieser Gemeinschaft sowohl Katharer als auch Nicht-Katharer. Das Gebiet in Südfrankreich und weit darüber hinaus wurde zu einer Oase für alle, die die Wahrheit suchten und sich dem diktatorisch auferlegten Dogma der Kirche und dem herrschenden Zeitgeist entziehen wollten.

Der Begriff ,Katharer‘ hat seinen Ursprung in dem altgriechischen Wort καθαρός (katharós), was so viel bedeutet wie ,rein‘, ,sauber‘ oder ,klar‘. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich die Katharer diesen Namen selbst gegeben haben; er wurde vielmehr in ihrem Umfeld verwendet, aufgrund ihrer Lebensweise, der Reinheit ihres Geistes und der Leichtigkeit ihres Seins. Die Katharer selbst waren in den Regionen, in denen sie lebten, viel häufiger als ,Bonhommes‘ und ,Bonnes Femmes‘ (die guten Männer und Frauen) oder einfach als ,gute Christen‘ bekannt, aufgrund ihrer einfachen Gutherzigkeit, ihres Mitgefühls, ihrer liebevollen Art und des Ansehens, das sie in ihrer Umgebung genossen.

Es ist auch möglich, dass der lateinische Begriff ,cathari‘ (rein) von der katholischen Kirche eingeführt wurde, um die Wahrheit über diese Bewegung zu verschleiern und sie als eine Gemeinschaft darzustellen, die aufgrund ihrer selbsterklärten ,Reinheit‘ angeblich überlegen, exklusiv und verschlossen war. Wahr an dieser Bezeichnung ist nur, dass sich die Katharer auf die Reinheit ihrer Absichten und des Lebens ausrichteten, was ihnen den Zugang zur Reinheit des Seins ermöglichte – dem Licht der Seele.

Fast alles, was über die Lebensweise der Katharer geschrieben wurde, ist entweder eine Reinterpretation der Wahrheit oder eine komplette Lüge. Wie so oft in der Geschichte wurden ihre Lehren verzerrt, mit falschen Bildern verschleiert und entweiht. Innerhalb ihrer Gemeinschaften förderten sie eine Lebensweise, die durch gegenseitiges Verständnis und Aufmerksamkeit stets auf Entwicklung ausgerichtet war und sich – wie in jeder wahren esoterischen Gemeinschaft – von klein auf bei der Vertiefung ihres Bewusstseins halfen und auch dabei, in Klarheit zu sterben (ins nächste Leben zu gehen).

Der Grundstein der Katharer-Bewegung wurde von Yeshua und den Essenern in den frühen Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts n. Chr. gelegt. Formell wurde sie gegründet von Petrus, Magdaleena und den drei Töchtern Yeshuas und zusammen mit anderen Initiierten, die kurz nach Yeshuas Kreuzigung den Nahen Osten verließen und gen Westen nach Europa reisten, wo sie sich vermutlich im Gebiet des heutigen Frankreichs niederließen. Die Bewegung wurde initiiert, um den Weg der Liebe, der wahren Familie und des Seins in der Welt, den Yeshuas kurzes Leben voll und ganz verkörpert hatte, zu leben und in andere Teile der Welt weiterzutragen.

Von den Essenern erbten die Katharer das Verständnis der innewohnenden Heiligkeit der Frau, und im krassen Gegensatz zu den Lehren und Praktiken der damaligen katholischen Kirche gab es in der katharischen Gemeinschaft ein hohes Maß an Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, in der Frauen leitende und herausragende Positionen innehatten. Besonders Magdaleena – Ehefrau von Yeshua und dann von Petrus – repräsentierte dies als eine der ersten Katharerinnen.

Neben den starken Prinzipien des Familienlebens waren die Katharer sehr darauf bedacht, sich dem menschlichen Körper in einer bestimmte Qualität zuzuwenden. Nach ihrem Verständnis liegt der Weg der Menschheit darin, den Körper wieder zu einem göttlichen Gefährt zu machen, das in der Lage ist, das Licht der Seele zu verkörpern. Dies bildete die Grundlage ihres Familienlebens und war das Fundament ihrer gemeinschaftlichen und gesellschaftlichen Aktivitäten.

Sie wussten auch, dass sich die Menschheit von der Illusion der Schöpfung befreien muss und deshalb an das Rad der Wiedergeburt gebunden ist. Um sich selbst aus dem Chaos, das wir Schöpfung nennen, zu befreien, müssen wir zuerst die Lüge der Schöpfung verstehen. Aber um die Lügen zu erkennen, bedarf es einer disziplinierten Lebensweise – und Entwicklung des inneren Lebens, die es einem erlaubt, sich von den Lügen der äußeren Welt zu befreien. Dies war eine Weiterführung der Lehren des Pythagoras, wie sie auch von den Neo-Pythagoräern, den Essenern, von Yeshua und den späteren Neuplatonikern gelehrt wurden.

Eines der größten Ärgernisse, die die Gemeinschaft der Katharer für die katholische Kirche darstellte, war, dass sie das beanspruchte Monopol auf Frömmigkeit und Gottesfurcht gründlich bloßstellte. Denn die Reinheit und Einfachheit der Lebensweise der Katharer im Gegensatz zu der Korruption, Manipulation und den heuchlerischen Ablasspraktiken der Kirchenbeamten machte den Menschen sehr deutlich, wer wirklich Gott repräsentierte und wer nicht. Es zeigte den Menschen auch, dass sie weder Priester noch die Kirche brauchten, um eine persönliche Beziehung zu Gott zu entwickeln – da Gott für jeden unmittelbar ist.

Die Katharer lebten und repräsentierten in ihrer religiösen Art die wahre Version von allem, was die Kirche zu sein behauptete, und die Wirkung auf ihr Umfeld war enorm. Durch ihre Art zu leben, zu gehen, zu arbeiten, zu reden, zu heilen und zu lehren, entlarvten die Katharer auf schlichte Art jede Lüge und jeden Täuschungsversuch der Kirche. Sie erweckten die Menschen für die Wahrheit und inspirierten sie, sich aus dem energetischen Gefängnis zu befreien, das das finstere Mittelalter Europa auferlegt hatte.

Im Mittelalter lebten und reisten die Katharer hauptsächlich im Languedoc, das vom Mittelmeer, den Pyrenäen, den Flüssen Garonne, Tarn und Rhone umgrenzt wird und der französischen Region des heutigen Okzitanien entspricht. Die Bewegung hatte sich in früheren Jahrhunderten auch über ganz Europa ausgebreitet und war von ca. 30 n. Chr. bis 1400 vorwiegend im Mittelmeerraum ansässig.

Zu verschiedenen Zeiten gab es katharische Gemeinschaften in Spanien, Portugal, in ganz Frankreich und Norditalien. Bei ihrer Migration aus dem Osten hinterließen die Katharer ihre Spuren in der heutigen Türkei, in Bulgarien, Serbien, Kroatien und Deutschland die z. B. als Waldenser oder Bogomilen bekannt waren. Frühe Katharer kamen sogar bis nach England. Ihre Lehren hatten Einfluss auf den mittelalterlichen Militärorden der Tempelritter, die die Wahrheit Gottes kannten und bereit waren, die Werte und Prinzipien der Katharer mit ihrem Leben zu schützen und deren Recht zu verteidigen, frei in Gemeinschaften zu leben. Unter Mitwirkung der katholischen Kirche fanden die Templer unweigerlich das gleiche Ende wie die Katharer.

Der Languedoc in Frankreich war nicht zuletzt durch den Einfluss der Katharer in ganz Europa für Kultur, Liberalismus und Toleranz gegenüber allen Religionen bekannt. Weil das einfache Volk die Lebensweise der Katharer befürwortete, hatten Kontrolle und Manipulation der Kirche hier nur wenig Wirkung auf die Bevölkerung. Das Vorbild der Katharer führte sogar zu Spaltungen innerhalb der Kirche. Diejenigen, die ihr zuvor treu waren, öffneten mit der Zeit ihre Augen vor der offen-sichtlichen Wahrheit.

Als Bischof Folquet de Marselha, ein Anführer der Katharerverfolgungen, die Ritter des Languedoc (die von der Kirche finanziert und gesegnet wurden) beschimpfte, weil sie die Katharer nicht energischer verfolgten, erhielt er die Antwort: „Wir können nicht. Wir sind in ihrer Mitte aufgewachsen. Wir haben Verwandte unter ihnen und sehen, dass sie ein Leben in Vollkommenheit führen.“ Hier herrschte die Kirche der Katharer – eine universelle Kirche, die alle einschloss und die auf der wahren Liebe Gottes, wie sie von Yeshua gelebt und gelehrt wurde, basierte. Die katholische Kirche konnte hier weder Einzug halten noch Fuß fassen.

Sogar die Feudalherren dieser Region – darunter Graf Ramond VI. von Toulouse, Graf Raymond-Roger von Foix, Raymond Roger von Trencavel (Vicomte von Carcassonne) und Peter II. von Aragon – sahen die Lebensweise der Katharer, verbündeten sich mit ihnen und unterstützten sie trotz der Gefahr der Exkommunikation durch die Kirche oder Schlimmerem. In der Tat starben viele von ihnen am Ende für die Sache der Katharer.

Dass sich die Feudalherren gegen Rom wandten, war im mittelalterlichen Europa außergewöhnlich, beruhte ihr Wohlstand und Reichtum doch auf ihrem guten Ansehen bei der Kirche und der Unterwerfung des einfachen Volkes. Dies bildete die Grundlage der damaligen Gesellschaft.

Die Treue dieser Grafen und Vicomtes zu den Katharern förderte eine Kultur, in der Schönheit, Philosophie, Poesie, Wahrheit und die wahre Wertschätzung von Frauen gelebt wurden. Unter allen christlichen Sekten im Laufe der Jahrhunderte waren die Katharer die erste Gruppe seit den Gnostikern im dritten Jahrhundert, die Frauen als religiöse Führerinnen (Bischöfinnen und Priesterinnen) ordinierten. Innerhalb ihrer Gemeinschaften wirkten Frauen außerdem als Lehrerinnen, Heilerinnen und Ärztinnen. Die weisen Alten unter den Katharern waren vorwiegend in den Heilkünsten ausgebildet.

Gelehrte und Philosophen aus verschiedenen Kulturen – jüdisch, muslimisch, christlich und hinduistisch – wurden ebenfalls von der Gegend angezogen, und so entstand in der Region eine florierende Wirtschaft, die Kaufleute und Händler aus dem ganzen Mittelmeerraum anzog.

Eine der weiblichen Anführerinnen der Katharer-Gemeinschaft im 12. Jahrhundert war Esclarmonde de Foix. In einer aristokratischen Familie als Tochter von Roger Bernard I., Graf von Foix, aufgewachsen, äußerte sie sich als Priesterin offen über das Übel und die Korruption der Kirche und der Feudalherren Frankreichs. Sie und viele andere reisten durch das Land, lehrten und verbreiteten das Licht der Katharergemeinschaften; sie heilten und gründeten Schulen und Krankenhäuser.

Dies war auch eine Zeit, in der die mittelalterliche Kultur der Troubadoure blühte. Als reisende Musiker, Dichter und Geschichtenerzähler, spielten sie in dieser Zeit eine wichtige Rolle und trugen das Licht und die Liebe der Katharer in andere Teile Europas. Zum Aufspielen reisten sie von Königreich zu Königreich, brachten Leichtigkeit, Heiterkeit und Freude in die Schwere des finsteren Mittelalters und wurden an Höfen und in den Häusern von Adeligen und dem einfachen Volk gleichermaßen willkommen geheißen.

Trotz des heftigen Widerstands der damaligen Zeit und der vorherrschenden korrupten Gesellschaftssysteme, lebten sie Leichtigkeit, Liebe und Lebensfreude vor. Die Botschaften der Liebe, Wahrheit und Weisheit in ihren Liedern waren bisweilen verschlüsselt, manchmal aber auch direkt, denn viele Troubadoure waren kühn in ihrer Kritik und Entlarvung der Heuchelei und Korruption der Kirche.

Die Troubadoure waren in vielerlei Hinsicht für die Verbreitung der Ritterkultur des Mittelalters verantwortlich, was durch ihre Lieder und Gedichte bis heute vermittelt wird. Die gängige literarische Figur des Ritters in glänzender Rüstung repräsentierte symbolisch den Mann, der für die Wahrheit eintritt und sie beschützt, während das Burgfräulein oder die Frau die uns allen innewohnende reine Göttlichkeit repräsentierte.

Die Troubadoure und die durch ihre Werke vermittelte Botschaft der Liebe spielten eine wichtige Rolle beim Bruch mit dem schweren und dichten Bewusstsein, unter dem Europa während des finsteren Mittelalters begraben war. Sie waren maßgeblich daran beteiligt, die vergessene Wahrheit in den Menschen wieder zu entfachen.

Für die Kirche, vertreten durch das Papsttum in Rom und die Monarchen Europas, stellte die wachsende Gemeinschaft der Katharer eine fundamentale Bedrohung ihrer Macht und Herrschaft dar. Viele Jahrhunderte lang war die Kirche nicht in der Lage, sich gegen die Stärke der Katharer zu behaupten. Sie konnten weder die Gemeinschaft der Menschen beherrschen, noch deren Ländereien. Der Wendepunkt kam jedoch als die Katharer anfingen sich abzukapseln.

Als sie die Chance hatten, die Wahrheit ihrer von Gott inspirierten Lebensweise in Regionen Europas zu tragen, die fest im Griff der Kirche waren, sträubten sie sich gegen diesen nächsten Schritt und blieben lieber unter sich, zogen Sicherheit und das Vertraute dieser Weiterentwicklung vor.

Sie wussten, dass sie in ihren eigenen Gemeinschaften sicher waren und meinten, dass ihnen dort kein Leid zustoßen würde. Dieser Rückzug stand nicht im Einklang mit dem göttlichen Plan und den darin vorgesehenen Schritten. Das machte sie für die Angriffe der Kräfte, die schon lange ihren Untergang geplant hatten, anfällig.

Es war der von der Kirche angezettelte/ausgerufene Albigenserkreuzzug – benannt nach der Stadt Albi, eines der religiösen Zentren der Katharer im Languedoc – der viele Jahre dauerte und den fast vollständigen Untergang der Katharer zur Folge hatte, eines der blutigsten und barbarischsten Kapitel unserer Geschichte.

Burgen, Städte und Gemeinden, die irgendetwas mit den Katharern zu tun hatten, wurden willkürlich und rücksichtslos vernichtet. Als Abt Arnold 1209 die Einnahme der Stadt Beziers befahl, soll er auf die Frage, woran man die Katharer erkennen würde, geantwortet haben: „Tötet sie alle; Gott wird die Seinen erkennen.“ Dieser von Papst Innozenz III. ausgerufene und von der französischen Monarchie betriebene Völkermord währte fast 40 Jahre. Er begann Anfang 1208 und gipfelte in der vollständigen Vernichtung der verbliebenen Katharer in Montsegur, der berühmten Festung auf dem Hügel, die 1244 zum letzten Stützpunkt der dezimierten katharischen Gemeinschaft geworden war.

Die Kräfte, die es auf die Katharer abgesehen hatten und das wahllose Morden auf Befehl der katholischen Kirche, sind historisch einer der heftigsten Reaktionen auf eine Gemeinschaft, die das Licht Gottes repräsentiert und lebt. Die Katharer entblößten jede einzelne Lüge, mit der die Kirche Reichtum und Macht über Menschen angesammelt hatte. Der Kirche war klar, dass sie die Katharer nicht mit dem Tod schrecken konnte, sie wussten, dass sie reinkarnieren würden – vielleicht in denselben Gemeinschaften und Familien, vielleicht anderswo auf der Welt um die Liebe Gottes zu leben.

Um die Bewegung zu zerstören und die Gemeinschaft endgültig auszumerzen, war es notwendig, sie zu traumatisieren, Narben in ihrem geistigen Gedächtnis zu hinterlassen und sie derart zu brechen, dass sie aufgaben, sich von Gott abwandten und somit in ihren nächsten Leben nicht in der gleichen göttlichen Qualität leben würden.

Die Absicht war, das durch Einschüchterung entstandene Bedürfnis nach Zurückhaltung und Schutz zu verstärken. Daher die Folter, die Zerstückelung und das Ausweiden bis sie sich als Ketzer bekannten; die Vergewaltigung und Folterung im Beisein der Familie und andere sorgfältig kalkulierte Strategien, um den Ausdruck der Liebe Gottes auf Erden zu vernichten.

Trotz der größten Anstrengungen der Kirche war die Liebe Gottes auf Erden nicht auszumerzen. Die Rosenkreuzer-Bewegung wuchs bereits heran. Sie repräsentierte den reinen und fokussierten Aspekt von Weisheit und Brüderlichkeit, die schon von den Katharern gelebt wurden. Außerdem verlagerte sich mit der beginnenden Renaissance der Schwerpunkt stärker auf die Außenwelt und weltliche Angelegenheiten.

Die Boten Gottes wirkten in Städten und korrupten Institutionen und inspirierten auch das einfache Volk. Leonardo da Vinci tat dies in Kontinentaleuropa und wenig später Francis Bacon in England.

Was die ursprünglichen Katharer betrifft, so haben sich viele erneut mit der Wahrheit und der Liebe Gottes verbunden und sich von ihren Traumata befreit. Die Kräfte, die es auf ihre Zerstörung abgesehen hatten, konnten einen Sohn Gottes niemals wirklich vernichten; sie konnten ihn lediglich dazu bringen, sich zeitweilig von Gott abzuwenden und somit die Rückkehr der Menschen zu Gott zu verzögern.

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  • Illustration: Desiree Delaloye, Entrepreneur, Creative Director, J.P.