Eine der größten Illusionen, in der wir leben können, ist zu glauben, dass Geist und Seele ein und dasselbe sind, wenn dem nicht so ist. Der menschliche Geist ist ein Fragment der Seele, das entschieden hat, sich von seiner göttlichen Quelle zu trennen und sich ein eigenständiges Dasein zu erschaffen. Das heißt, er hat sich abgewandt, um eine Realität, die allein ihm selbst und niemand anderem dienlich ist, zu kreieren und darin zu schwelgen.

Die Trennung von der alles verbindenden göttlichen Liebe, die der menschliche Geist selbst einst war, ruft jedoch eine innere Leere hervor, die er dann beständig zu füllen versucht. Ignorant und arrogant sucht er unentwegt außerhalb von sich selbst, in dem Versuch die tiefe Leere und den Schmerz zu füllen, welche diese Trennung hinterlässt.

Auf seiner Suche greift der menschliche Geist nach allem und jedem, woraus er irgendeine Form von Identifikation, Anerkennung oder Akzeptanz ziehen kann, ohne dabei jemals einzugestehen, dass sein ganzes Spiel auf Unehrlichkeit und Lügen basiert. Das, was der Geist am meisten fürchtet, ist entlarvt zu werden und so ist er bereit alles nur Erdenkliche zu tun, um die wahren Motive seines Verhaltens zu vertuschen. Da die Energie, aus der der Geist seine Impulse hierfür bezieht, nicht auf Liebe und Wahrheit beruht, wird alles was er tut individualistisch und dient allein dem eigenen Vorteil, selbst wenn die Absicht zunächst als gut erscheinen mag.

Deshalb ist eine der grundlegendsten Lehren, der man jemals begegnen kann, der Unterschied zwischen Geist und Seele.

Aus der geschichtlichen Entwicklung des Wortes können wir lernen...

Der Begriff Geist beinhaltet im Deutschen heute viele Bedeutungsebenen, gespeist von der antiken Philosophie, über Bibel und Christentum bis hin zu modernen Geisteswissenschaften und allgemeinsprachlichen Verwendungen. Obgleich die diversen Bedeutungen aus verschiedenen Sprachen und Sprachursprüngen zusammenfließen, kann man feststellen, dass der Begriff Geist im allgemeinen verwendet wird, um auf eine Substanz oder Energie hinzudeuten, die unkörperlich oder im Gegensatz zum materiellen Körper immateriell ist.

Der deutsche Ursprung des Wortes liegt im westgerm. ghoizdo-z – „überirdisches Wesen“, später in ahd. und mhd. Geist oder Gespenst, erhält aber weitere Bedeutung über das lateinischen Wort spiritus – „Hauch, Atem“ (über das indoeuropäische Wort speis) und prägt durch das Christentum ab dem Mittelalter das Wort Geist im spirituell-religiösen Sinne (z.B. Heiliger Geist oder Seele). Als Lehnübersetzungen aus dem engl. spirit und frz. esprit erweitert sich die Bedeutung auf Bewusstsein, Persönlichkeit, Gemüt, Empfindungsvermögen, Verstand oder auch Mut und Lebenskraft.

Obwohl etymologisch unterschiedlich, ist das Wort Geist über das lateinische spiritus in seiner ursprünglichen Bedeutung dem lateinischen Wort Anima (Seele) und dem griechischen Wort Psyche (Seele) ähnlich, da sich beide auf Atem oder auf das Atmen beziehen. Im wesentlichen sind daher sowohl der Geist als auch die Seele auf den göttlichen Atem zurückzuführen, beziehungsweise auf das universelle vitale Prinzip, das allen lebenden Dingen gleichermaßen und unterschiedslos auf immer innewohnt.

Es ist interessant festzustellen, dass Geist und Seele oft synonym verwendet werden, nicht nur weil sich beide auf eine Substanz oder Energie beziehen, die ebenso wie der Atem körperlos und allgegenwärtig ist, sondern auch und vor allem weil der Geist in seiner göttlichen Form ehemals Eins war mit der Seele und demselben göttlichen Impuls folgte wie die Seele, um in Ausdruck zu gehen. Mit anderen Worten, der Geist war einst ein Atem mit der Seele, in perfektem Einklang mit dem Puls des ganzen Kosmos atmend und in absoluter Übereinstimmung mit dem göttlichen Plan der Evolution.

Wie dem auch sei, heute ist das nicht mehr der Fall, und diese Begriffe synonym zu verwenden, bedeutet nicht zu verstehen, um was es hier geht. Es ist zwar richtig, dass jeder Geist eines Tages zu dem wahren Licht und der Liebe der Seele zurückkehren wird, und viele sind bereits auf dem Weg dahin, aber dies können wir nur dann bewerkstelligen, wenn wir bereit sind, sehr sehr ehrlich mit uns selbst zu sein.


„Der Verstand ist ein Teil deines Geistes. Und dieser weiß, dass er unsterblich ist. Aber das bedeutet nichts, wenn Liebe nicht das Impuls gebende Licht ist, und deswegen missbraucht dein Geist sich selbst in jedem Leben immer wieder aufs Neue, denn es fehlt ihm die Liebe, um zu wissen, wie diese Unsterblichkeit mit der energetischen Integrität zu nutzen ist, die mit Unsterblichkeit einhergeht.

Und so re-inkarniert dein Geist ein Leben nach dem anderen, die gleichen ungesunden Verhaltensmuster wiederholend, in einem von Illusionen getriebenen Glauben, sich selbst vervollkommnen und dadurch 'ein besseres Leben' haben zu können. Nichts davon entspricht dem, worum es im Leben wirklich geht. Im menschlichen Leben geht es darum, zu dem Licht zurückzukehren, von dem wir kommen. Und nachdem wir das erreicht haben, kehren wir zurück, um andere zu inspirieren, dasselbe zu tun, bis zu dem Zeitpunkt, an dem alle Söhne wieder in dem einen Körper des Ausdrucks versammelt sind, aus dem wir alle stammen. Du siehst - bewusst zu sein, erfordert Ehrlichkeit und energetisch bewusst zu sein, erfordert Wahrhaftigkeit."

Serge Benhayon
The Way of Initiation, 1. Auflage 2008, S. 602
(Aus dem Englischen übersetzt)


„Der Geist identifiziert sich durch ständige Bewegung.
Die Seele ruht in der Stille.

Serge Benhayon The Living Sutras of the Hierarchy, 1. Auflage 2009, S.156
(Aus dem Englischen übersetzt)

Was die Seele und den Geist in Essenz und Ausdruck grundlegend unterscheidet, ist die Tatsache, dass die Energie, die für die Seele impulsgebend ist, die des Göttlichen ist (auch bekannt als Feuer) und wir die Energie, die den Geist aktiviert, als Prana bezeichnen.

Die Qualitäten der Seele sind Stille, Liebe, Wahrheit, Harmonie und Freude. Der Geist arbeitet mit allem, was diesen Qualitäten entgegensteht und diese oftmals imitiert. Die Seele ist göttlich, evolutionär, allumfassend, und sphärisch; der Geist ist involutionär, begrenzt und linear. Die Seele arbeitet in vollkommenem Einklang mit den göttlichen Rhythmen und den Zyklen des gesamten Universums, immer in einer vereinenden Energie, wohingegen der Geist im Widerstand zu den harmonischen Rhythmen des Universums funktioniert und somit immer Trennung fördert.

Die Seele arbeitet mit Simplizität; der Geist sucht Identifikation in Komplikation. Eine andere Art dem Geist beizukommen, ist durch die Weisheit unseres Körpers. Die Gentle Breath Meditation ist ein praktisches Hilfsmittel, das uns bei dieser Rück-Verbindung unterstützt.

„Den eigenen Atem zu atmen, führt dich zu deinem echten Selbst, und dein echtes Selbst bereitet den Weg für dein wahres Selbst.“

Serge Benhayon Esoteric Teachings & Revelations, 1. Auflage 2011, S.512
(Aus dem Englischen übersetzt)

Es ist wesentlich zu verstehen, dass unser Geist nicht das „höhere Selbst“ ist, was er gerne von sich selber denkt. Er ist der einsame Teil, der sich abgewandt hat von der Ganzheit - der Seele - und als dieses Fragment hat er sich entschieden, in Trennung von der Wahrheit zu leben, in der Illusion, dass er 'der Eine' ist, der den Menschen aus dem Elend errettet.

Der von fast allen spirituellen Wegen angepriesene Zustand der Glückseligkeit, Erhöhung oder Erleuchtung ist die ultimative Erfahrung für den Geist. Diese Wege nähren die individualisierte Identifikation, die den Geist in seinem illusionären Bestreben bestärkt, mehr und mehr von sich selbst zu suchen, anstatt ihn und seine eigensinnigen Entscheidungen und die Verzögerung seiner unvermeidbaren Rückkehr zur Seele zu entlarven.

Hier ist es wichtig festzustellen, dass es unser Geist ist, der sich letztendlich zur Rückkehr entscheidet und nicht die Seele, die ihr eigensinniges Fragment fortwährend aus all dem zurückruft, was es für sich selbst kreiert hat.


„Hier ist es wichtig anzumerken, dass es der Geist ist, der Religion wählt. Es ist der Geist, der den spirituellen Weg wählt. Es ist der Geist, der den Guru im geläufigen Sinne wählt. Es ist der Geist, der entscheidet, sich 'aus der Realität heraus zu meditieren'. (Er tut das, indem er dieses einfache Instrument der Verbindung - Meditation - benutzt, um sich taub zu machen für die tiefen inneren Verletzungen und um dem Mangel an Selbstliebe zu entgehen, den er für sich empfindet.) Es ist der Geist, der die wahre esoterische Weisheit in Frage stellt. Es ist der Geist, der all dies und noch viel mehr verteidigen wird, wenn er spirituellen Schmerz empfindet oder wenn der Verlust von Macht und Komfort auf dem Spiel steht. Wohlgemerkt, es ist der Geist, der in den Krieg zieht und nicht die Persönlichkeit!

Der Geist verteidigt alles, was er glaubt zu sein und womit er sich identifizieren kann, um bequem existieren zu können, ohne seinem wahren Licht begegnen zu müssen und dadurch seine individualisierte Form zunichte zu machen und sich folglich mit dem Einzigen zu vereinen, das in allen gleich ist – der Seele.

Illusion existiert nur außerhalb des inneren Herzens. Daher ist alles, was der Geist glaubt zu sein, bloß seine eigene Illusion."

Serge Benhayon
The Way It Is , 1. Auflage 2006, S. 34
(Aus dem Englischen übersetzt)


„Die Tatsache von Geist und Seele und die zwei sehr unterschiedlichen Bewusstseinsebenen, die diese mit sich bringen, werden sich mit der Zeit als Tatsache erweisen. Aber bis dahin wird es ein langes Feilschen um Worte geben; ein fruchtloses und ziemlich schädliches Bestreben derer, die sich wehren, dass ihr durch selektive Ignoranz entstandener Widerstand aufgedeckt wird. Eines Tages wird man erkennen, dass es schon immer eine ganz bewusste Absicht gegeben hat, die Tatsache zu verschleiern, dass es zwei Quellen gibt, Seele und Geist, aus denen man Leben oder Bewusstsein wählen kann. Was es noch komplizierter bzw. undurchsichtiger macht ist, dass es tatsächlich einen Göttlichen Geist gibt, der nicht Teil dieses zum menschlichen Geist gewordenen Geistes ist, so wie wir ihn heute kennen. Ja, der Heilige Geist ist ebenso real wie der Göttliche Geist, aber lasst uns sicherstellen, dass wir wissen, was „Geist“ eigentlich auf einer energetischer Ebene bedeutet, bevor wir Vermutungen anstellen oder uns von einer streng konventionellen Etymologie leiten lassen.“

Serge Benhayon An Open Letter to Humanity, 1. Auflage 2013, S. 154
(Aus dem Englischen übersetzt)

Inspiriert von dem Englische Artikel: Spirit

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