Frausein, was heißt das eigentlich?

Gleichberechtigung der Frau

Frausein, was heißt das eigentlich?

Man sollte meinen, dass es sehr einfach ist, diese Frage zu beantworten – aber worüber sprechen wir eigentlich?

Wir haben heutzutage den Titel der Alleskönnerin, der 24/7 Frau, Mutter und Vollzeitarbeiterin. Wenn man so will, der Superfrau. Frauen sind Managerinnen, Bauarbeiterinnen und Soldatinnen; sie sind Mütter, Hausfrauen, Ehefrauen; sie sind Familienversorgerinnen und Geringverdienerinnen.[1]


Wir sprechen gerne von diesen Rollen und Stereotypen aber was heißt es, wahrlich Frau zu sein?

Was ist mit all diesen Rollen, die wir haben? Sind diese der ausschlaggebende Aspekt für das, was wir in Wahrheit sind? Ist es die Kultur, in die wir hineingeboren werden oder ob wir Single, verheiratet, mit oder ohne Kinder sind, was bestimmt, wie sehr wir Frau sein können?


Was wäre, wenn es nicht um unsere Taten, sondern um unser Sein ginge?

Dann müssten wir nicht mehr über Kulturen, über Rollen, über ‚das macht man' und ‚das macht man nicht' diskutieren, im Gegenteil, wir würden uns von den Fesseln dieser Bilder befreien und würden zu der Simplizität des Seins zurückkehren, zu dem, was ist und dem, was nicht ist. Zurück zu der Wahrheit, die in uns allen lebt, die Verbindung zu unserem innersten Wissen, welche wir für eine immer komplexer werdende Welt eingetauscht haben.

Eine angeborene Qualität, die ihren Ausdruck findet in allem, was wir tun und in allem, was wir sind. Und es geht nicht darum, sich diese zu erkämpfen, sondern sich hinzugeben und sich mit dieser Qualität zu verbinden. Und alles daranzugeben, jeder Frau in dieser Welt den Raum zu geben, diesen inneren Seinszustand bis ins Detail zu fühlen und zu leben.

Die Frauenbewegung sollte uns Gleichberechtigung, Gleichstellung sowie ein Gleichsein als auch eine Gleichbehandlung zwischen Frauen und Männern bringen. Aber haben wir uns in all diesem Bestreben, Gleichheit zu finden, jemals gefragt, was unsere wahren Qualitäten sind? Oder haben wir uns davon abgewandt, indem wir den Fokus auf etwas gelegt haben, das uns von unserer Essenz hat abweichen lassen? Kann es sein, dass wir uns tatsächlich in dem Bestreben, Gleichheit zu finden, noch mehr von dem, was wir sind, unserer wahren Kraft, entfernt haben?

Nun können wir sagen, ja, aber wo wären wir heute ohne die Frauenbewegung, ohne den Kampf um die Gleichberechtigung? Und dem widerspreche ich auch nicht. Aber, anstatt die Frauenbewegung zu verteidigen, sollten wir uns erlauben anzuschauen, wie wir diesen Kampf ausgeführt haben und ausführen.

Achten und schätzen wir uns in dem ganzen Prozess zutiefst, in dem wir immer wieder mit unseren Standards einchecken und von diesen nicht abweichen, egal was auf uns zukommt? Achten und schätzen wir uns und unseren Körper so sehr, dass das unser Anhaltspunkt ist in allem, was wir tun, oder verschreiben wir uns einer Sache und geben dann alles, dieses Ziel zu erreichen und lassen uns und unseren Körper auf der Strecke? Erlauben wir uns, uns bis in den kleinsten Winkel unseres Körpers zu lieben, zu ehren und um uns zu kümmern? Oder entspringt unser Einsatz aus einem sich nicht wertvoll genug, nicht anerkannt fühlen?

Was wäre, wenn wir uns erlauben, mehr verbunden zu sein mit uns selbst? Das heißt, auf unsere innere Stimme zu hören und in allem, was wir tun uns selbst nicht außen vor zu lassen, sondern unserer inneren Stimme ein Ohr (Gehör?) zu verleihen. Nicht, um diese dann nach draußen in die Welt zu posaunen, sondern vorerst, um uns selber Gehör zu geben, uns selber tiefer und besser zu verstehen und uns im Austausch miteinander erlauben, die Themen, die Fragen und Erkenntnisse, die in uns erweckt werden zu erkunden.

Haben wir uns, in dem Bestreben Frau zu sein, dem Kampf verschrieben? Dem Kampf, uns zu beweisen und zu überleben, in einer von Männern bestimmten Welt; einem Kampf, indem wir immer in einer Habachtstellung sind, einem sich nach außen ausrichten und orientieren auf das, was noch beachtet und getan werden muss? Oder kann es sein, dass der Kampf nur ein Nebenschauplatz ist, in dem wir uns gerne aufhalten, weil wir uns dann nicht mit der Stille und Weisheit, die in uns ruht beschäftigen müssen? Ist dieser Kampf also nur eine Ablenkung, nicht in unserer Stille und Weisheit zu sein?

Vielleicht müssen wir auch nichts bekämpfen, sondern dürfen uns einfach erlauben, in unsere Kraft zu treten. Uns erlauben, uns selbst und unser Sein zutiefst zu achten und zu schätzen; wie auch immer es Ausdruck findet, ob in der Art, wie wir uns bewegen oder in der Art, wie wir miteinander sind. Dass all das, was Frau ausmacht, in uns lebt und es nur zum Leben erweckt und gelebt werden muss. Dass wir uns erlauben dürfen, noch mal ganz „von vorne“ anzufangen, uns einfach auf unseren Körper und unser innerstes Gefühl, unsere innere Qualität beziehen dürfen und von dort in die Welt hinauszutreten in all dem, was es zu tun gibt.

Sehnen wir uns nicht alle danach, uns zutiefst mit jemandem oder einer Gruppe von Menschen verbunden zu fühlen, uns nicht behaupten und nicht beweisen zu müssen – wo wir einfach nur sein dürfen?

Wenn wir uns erlauben, von diesem Platz zu starten, bieten wir uns allen, Frauen wie Männern, eine Plattform der Ehrlichkeit an, uns wieder wahrlich zu begegnen, losgelöst von all dem, was wir gelernt haben und meinen, sein zu müssen.

Einfach von unserem Innersten heraus der Welt begegnen und die wahre Kraft, die in uns ruht, zu aktivieren. Das ist wahre (R)Evolution, wo alle mitgenommen werden und die Trennung aufgehoben ist.

  • [1]

    Weser Kurier https://www.weser-kurier.de/deutschland-welt/deutschland-welt-politik_artikel,-was-es-bedeutet-eine-frau-zu-sein-_arid,1901845.html

Gelistet unter

FrauenStilleWahrheit

  • Von Esther Andras

  • Foto: Dean Whitling, Brisbane based photographer and videographer of 12 years.