Was unterstützt mich in schwierigen Zeiten?

Körperbewusstsein, Rhythmus und Rituale nutzen

Was unterstützt mich in schwierigen Zeiten?

Wir alle sind in schwierigen Momenten auf eine Art und Weise herausgefordert, die unseren, bisher etablierten Gewohnheiten nicht entsprechen. Als Beispiel dient hier die Corona Pandemie, weil sie uns alle mehr oder weniger betrifft. Wir können uns nicht mehr so frei bewegen und unsere normale Routine, der wir sonst, ohne nachzudenken nachgingen, ist zur Zeit gar nicht oder nur eingeschränkt möglich.

Wir sind gefragt, mehr Zeit in unseren vier Wänden zu verbringen, der soziale Kontakt, der früher selbstverständlich gelebt wurde, muss nun eingeschränkter stattfinden - selbst auf der Straße trifft man selten die Menschen, die man sonst so trifft, weil die meisten entweder zu Hause bleiben oder von zu Hause arbeiten.

Wie gehen wir damit um, wenn wir einen solchen Ausnahmezustand erleben? In diesem Fall ist er global und betrifft uns alle, aber es gibt ja auch andere herausfordernde Situationen die uns individuell betreffen.

Lassen wir wirklich an uns ran zu fühlen, wie es uns damit geht oder gehen wir direkt in einen „wie-komm-ich-damit-klar-Mechanismus“? Lenke ich mich permanent mit etwas ab? Sei es der Streaming Dienst, emotionale Dramen, die ich mir in meinem Kopf kreiere, erlebe ich Angst, die mich beherrscht und mich beschäftigt hält, versinke ich in Büchern, fange ich an, exzessiven Sport zu betreiben oder schotte ich mich vom Außen ab, esse ich mich „glücklich“ und vermeide damit, dass ich eigentlich fühle, wie es mir geht?

Diese Zeit ist ohne Frage herausfordernd. Gehen wir davon aus, dass ein Zusammensein unsere Natur ist, egal wie selbstgewählt eigenbrödlerisch jemand (ob mit oder ohne Corona) lebt, tief im Inneren suchen und wissen wir alle, dass die Wahrheit in der Einheit, in einem Gemeinsamsein besteht.

Warum es so viele Menschen auf Erden gibt, mag vielleicht den Grund haben, dass wir eben nicht alleine „klarkommen“ müssen und wir uns durch unsere Reflexion und persönlichen Erkenntnisse gegenseitig unterstützen können.

Manch einer mag den Kontakt zu dieser Wahrheit durch diverse schmerzhafte Erfahrungen verloren haben und darauf bestehen, dass er alleine ohne Menschen besser klarkommt und niemanden braucht.

Ich bin jedoch überzeugt, dass sich selbst jemand, der fest vom Einzelkämpfertum überzeugt ist, tief im Inneren auch nach Gesehenwerden, Wärme, Zusammenhalt mit anderen und nach Liebe sehnt.

Zur Zeit, in der physischer Kontakt definitiv reduziert oder verhindert wird, was wird mir offeriert, welche Möglichkeiten tun sich da auf?

Könnte es eine Zeit sein, in der ich gefragt bin, die Beziehung mit mir selbst zu vertiefen?

Es wird faktisch von außen in meinen Rhythmus und auf das, was ich sonst täglich mache, eingegriffen. Ich habe dadurch zwei Möglichkeiten:

  • Lass ich mich davon beeinflussen, indem ich reagiere und mich damit beschäftige, was alles nicht ist?

  • Oder vertiefe ich meinen Rhythmus im Alltag mit allem, was ansteht und was mich körperlich unterstützt umso mehr - vielleicht sogar mit anderen Dingen wie bisher - so dass es mir tatsächlich die Möglichkeit gibt, dass die Restriktionen mich nicht in dem Maße beeinflussen, dass ich mich beschwert fühle und ich dadurch nicht emotional in Mitleidenschaft gezogen werde?

Die Verbindung und die Beziehung zu uns selbst hilft uns, die Dinge im Außen wahrzunehmen und sie durch die daraus entstehende Beobachtung auch im Außen zu belassen. Dem Inneren mehr Gehör schenken - einen Rhythmus etablieren, der uns in der Klarheit unterstützt, überhaupt zuhören zu können.

Stellen Sie sich vor, wir haben dauerhaft eine Leitung nach innen, einen direkten Draht sozusagen, über den unser Innerstes die ganze Zeit kommuniziert, was es in jedem noch so klitzekleinen Moment braucht. Wir müssen nur zuhören. In der Tat müssen wir nur wieder lernen zuzuhören. Die Leitung wurde nämlich niemals unterbrochen. Wir waren es, die dem Außen mehr Beachtung geschenkt haben als das, was unser Innerstes vernimmt. Dazu gehört auch, meine Rituale im Ganzen neu zu betrachten und zu hinterfragen.

Würden Sie sagen, sie wissen nicht, was Rituale sind?

Wir alle sind so ziemliche Meister in Ritualen - sei es beim morgendlichen Kaffee, der Zigarette nach dem Essen, dem Glas Rotwein am Abend, die Lieblingsserie anschauen, die immer freitags kommt, Videospiele, die von Zeit zu Zeit unabdingbar erscheinen, den Streamingdienst, den wir abends oder auch tagsüber einschalten, das Rezept, welches wir in immer wiederkehrenden Abständen kochen, der Gang zum Fitnessstudio, Yoga, die Süßigkeit, die wir zeremoniell vernaschen, das Telefonat, das wir mit unserem Partner/in täglich führen, der sich immer wiederholende Spaziergang mit dem Hund etc. etc.

Dies sind mehr oder weniger alles Handlungen oder Dinge, die wir sehr regelmäßig ausüben oder zu uns nehmen – das sind Rituale.

Doch inwiefern unterstützen uns diese Rituale tatsächlich in dieser doch sehr unnatürlichen Zeit?

Sind wir uns des eigenen Körpers tatsächlich bewusst, wenn wir mit dem Hund Gassi gehen, oder ist das ein „Must do“, und ich bin währenddessen mehr mit meinem Handy oder der Gedankenflut beschäftig als mit dem Hund, geschweige denn mit meinem Körper?

Außer der Tatsache, dass wir uns weniger müde fühlen, wenn wir Kaffee trinken oder etwas Zuckerhaltiges zu uns nehmen, weil es den Körper anregt, tun uns diese Substanzen wirklich gut? Unterstützen sie uns, in einer Stille und Präsenz mit unserem Körper zu sein – die uns satt und er-füllt fühlen lassen?

Inwiefern halte ich in meinem Alltag einfach mal an - halte inne und fühle und verbinde mich mit der Tatsache, dass das Einzige, was zählt, nicht das ist, was ich mache, sondern wie ich es mache? Ehre ich meinen Körper, wenn ich müde bin, oder möchte ich ihn sofort wieder funktionstüchtig machen?

Tragen Dinge wie stundenlanges Serien- oder Filmeschauen, sprich Dauerbeschallung und damit Dauerentertainment, in jedweder Form dazu bei, eine tiefere, selbstliebendere Verbindung zu meinem Körper zu etablieren oder schottet es mich gekonnt von der Welt ab? Ändert das etwas an der Spannung, die ich fühle oder betäube ich diese nur für einen gewissen Zeitraum, um sie nicht fühlen zu müssen?

Tut mir die „Belohnung“ in Form von Schokolade, die ja was Gutes sein soll, tatsächlich meinem Körper einen Gefallen - wie fühlt sich mein Körper schon bald nach dem kurzen Wohlgenuss im Mund an?

Was könnte es sein, das uns und damit andere ganz praktisch unterstützt - in schwierigen Zeiten, wie diesen?

Ein sich selbst fürsorglich zugewandter und liebevoll gestalteter Alltag ist der Schlüssel.

Keine Zeit dafür? Jeder Moment zählt - die kleinste Entscheidung hat einen riesigen Effekt auf alles, was danach kommt. Und wenn es so banal ist, wie auf die Toilette zu gehen, wenn man muss, und nicht eine halbe Stunde oder länger zu warten, bis ich meinem Körper endlich die Aufmerksamkeit schenke, die er braucht. Oder tatsächlich meine Freundin anzurufen, wenn es mir nicht gut geht, da ich weiß, dass sie mich wieder an eine Wahrheit erinnert, die ich selbst vergessen habe, anstatt mich zu verkriechen und mich von dem gräulichen Gefühl des von mir Getrenntseins durch Entertainment abzuschneiden.

Und was bedeutet liebe-voll eigentlich?

Für viele mag es sein, sich eine Chipstüte einzuverleiben oder stundenlang vorm Computer auf den sozialen Medien zu surfen.

Aber sind wir mal ehrlich: Wissen wir nicht alle nur zu gut, was uns wirklich guttut, und was uns nur eine Packung Komfort und Abschalten von der Welt liefert?!

Wenn wir beispielsweise ein wichtiges Gespräch oder Event vor uns liegen haben, tun wir alles, was es braucht, um fokussiert und „da“ zu sein.

  • Die einen mögen bewusster essen und lassen die Dinge weg, die sie sich sonst „gönnen“;

  • Viele verzichten ganz automatisch auf Alkohol;

  • Der Schlafrhythmus wird oftmals anders gewertschätzt, weil wir fühlen, dass wir vitaler und klarer sind, wenn wir nicht erst nach Mitternacht ins Bett gehen und Partys werden sogar ganz gemieden;

  • Viele treiben vermehrt Sport und bewegen sich wieder regelmäßig;

  • Wieder andere wissen sofort, mit wem ihrer Freunde sie Zeit verbringen sollten, weil sie ihr Gefühl achten, welcher Kontakt sie wirklich unterstützt und in ihrer Kraft bestätigt und welcher Kontakt nur runterzieht;

  • Für einige mag eine viel größere Bereitschaft bestehen, nicht in selbstkreierten Dramen zu schwelgen, die uns wissentlich nirgendwo hinführen und nur beschweren etc.

Dies beweist:

Wir WISSEN genau, was wir brauchen, um klar zu sein, von innen zu strahlen, lebendig, offen, liebend, verstehend, im Leben, freudvoll, präsent und in Harmonie zu sein. Denn DAS ist, was wir natürlicherweise sind.

Was ist, wenn wir mehr denn je gefragt sind, diesem Wissen nach zu gehen und damit tiefer zu gehen, was uns tatsächlich gut tut und dementsprechend zu handeln - JA zum Leben zu sagen, auch wenn das Leben um uns herum still steht und aus den Fugen zu geraten scheint?

Ein Ja zu mir und mir erlauben zu fühlen, indem ich meinen Körper mit dem unterstütze, was ihn leicht, klar und präsent fühlen lässt.

Nur einen Moment selbstliebend gehandelt, zieht andere nach, in denen wir wiederum anderen Menschen reflektieren & sie inspirieren, wie wundervoll es sich anfühlt, für sich auf eine Art zu sorgen, die in unserer Gesellschaft selten gelebt, geschweige denn unterstützt wird.

Weg von der Befriedigung durch das Außen, hin zum wahren Reichtum, der in uns wohnt, der uns viel ausgeglichener fühlen lässt, wenn um uns herum alles außer Rand und Band läuft.

Könnte es so einfach sein?

„Unser wahrer Kompass ist in unserem Inneren; er ist nicht außerhalb von uns, das heißt er ist kein Gegenstand, den wir in der Hand halten."

Serge Benhayon Time, Space and all of us, Book III – all of us, 1. Auflage 2018, S.337
(Aus dem Englischen übersetzt)

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  • Von Steffi Henn

  • Foto: Steffi Henn