Essenz

Oft ist das, was oder wer wir zu sein glauben, gar nicht das, was wir wirklich sind, sondern eine Komposition von Idealen und Überzeugungen, die uns eingetrichtert wurde und die wir verinnerlicht haben. Wir halten uns selbst oder andere vielleicht für einen netten Menschen, einen wütenden Menschen, einen überschwänglichen oder introvertierten Menschen, einen glücklichen oder unglücklichen, jähzornigen, guten, erfolgreichen und so weiter und so fort, aber keiner von uns ist im Kern eines dieser Dinge.

Wir identifizieren uns mit den Gefühlen und Überzeugungen, die uns am vertrautesten sind und trennen uns damit von der Wahrheit, indem wir denken, dass wir in unserer tiefsten Essenz anders sind als alle anderen. Wir sind es jedoch nicht!

Was wir hier präsentieren ist, dass es eine wahre Essenz und eine unwahre Essenz gibt und wie essenziell es ist, den Unterschied zu kennen.

„Was als die 'wahre Essenz' oder auch als die 'ursprüngliche Essenz' bezeichnet wird, ist die pure Liebe Gottes."

Serge Benhayon The Way It Is , 1. Auflage 2006, S. 72
(Aus dem Englischen übersetzt)

In Wahrheit tragen wir ALLE die gleichen göttlichen Qualitäten der Seele in uns. Die Qualitäten der Seele sind Liebe, Wahrheit, Harmonie, Freude und Stille. Offensichtlich drücken wir nicht alle diese Qualitäten konsequent aus oder leben sie, und viele von uns würden sogar so weit gehen zu leugnen, dass wir göttlich sind. Dies weil wir uns so sehr mit unseren Verletzungen und all dem, was wir nicht sind, identifiziert haben, dass wir das Licht, welches wir unter dem Schleier des Schmerzes wirklich sind, weder sehen noch fühlen können. Aber unabhängig davon, ob wir dieses Licht anerkennen oder nicht, wird es nie ausgeschaltet, denn es ist unsere Essenz.

Von den Ursprüngen des Wortes können wir lernen, dass das Wort Essenz vom französischen Wort ,essence’, welches wiederum vom lateinischen Wort ,essentia’, welches „Sein" bedeutet, abstammt. Das Wort ,essentia’ wiederum leitet sich von dem lateinischen Verb ,esse’ ab, das einfach nur „sein, existieren" bedeutet. Im Altgriechischen war das Wort Essenz ,ousia’, das wie im Lateinischen mit der Bedeutung „Sein" oder „Ich bin, ich existiere" verwendet wurde; es wurde auch als „das, was ist, sollte sein" oder einfacher, als „das, was ist" bezeichnet. Auch im Sanskrit und in vielen anderen protoindoeuropäischen Sprachen bezog sich das Wort Essenz auf denselben Begriff des Seins oder auf eine Eigenschaft, die einfach „ist".

Daraus lässt sich ablesen, dass das Wort Essenz in allen Sprachen, Kulturen und Zeiten, Wahrheit der Antike bis zur Moderne, das „Sein" von allem, was existiert und ist, bezeichnet. Genauer gesagt, bezeichnet es die eigentliche und unveränderliche Natur oder Qualität von etwas, ohne die dieses Ding nicht existieren würde, denn ohne Essenz gibt es nur Leere.

„Wenn die Essenz im Laufe der Zeit verloren geht, entsteht das Bedürfnis, nach ihr zu suchen. Dieses Bedürfnis ist für immer der Antrieb für denjenigen, der ‚getrennt' ist, denn die lebensspendende Quelle ist die Essenz selbst. Wir können uns eine Zeit lang von unserer Wahrheit abwenden, aber nach einer Weile werden wir sie wieder suchen. Ist das nicht der schmerzhafte Kern unseres Leids, tief in jedem wissenden und unwissenden Wahrheitssucher? Wie schnell man zu dieser ursprünglichen Wahrheit zurückkehrt, hängt davon ab, wie bereit man ist wahrhaftig zu sein."

Serge Benhayon Esoteric Teachings & Revelations – Band I, 1. Auflage 2011, S. 183
(Aus dem Englischen übersetzt)

In unserer Essenz finden wir eine Verbindung zu allen Dingen. Ein tiefes Wissen, dass wir alle durch etwas verbunden sind, das jenseits des Körpers liegt, aber sehr stark im Körper ist und durch jedes seiner Teilchen wirkt. In unserem inneren Herzen befindet sich das eigentliche, innewohnende, belebende Prinzip oder die Substanz von allem. Es ist bekannt als der „Funke Gottes" oder der „göttliche Funke", die innewohnende Göttlichkeit, die in jedem Menschen gleichermaßen existiert. Jede Zelle unseres Körpers singt mit dieser Qualität, aber oft sind wir taub für dieses Lied und ziehen es vor, stattdessen auf das „Selbst" zu hören, welches wir geschaffen und uns, getrennt von dieser Sinfonie, vorgestellt haben. Aus der Essenz heraus spüren wir den Verlust der Musik, die wir nicht hören können, obwohl sie immer noch da ist, und in dieser Trauer begeben wir uns auf die Suche nach dem, wovon wir uns getrennt haben.

Selbst in dieser Trennung spiegelt unsere Sprache noch das innere Wissen wider, denn wir sagen Dinge wie „lass uns zum Kern der Sache kommen", was einfach bedeutet: lass uns direkt zur Essenz gehen, die tief im inneren Herzen eines jeden Menschen wohnt. Der Ort, der durch nichts beschmutzt oder berührt werden kann, das weniger ist als die Liebe, die wir sind, denn in Wahrheit befindet sich all unser Schmerz auf dem Herzen und niemals darin (Serge Benhayon). Es mag schwer zu begreifen sein, aber die Reinheit unserer Essenz bleibt für immer unberührt von allem, was außerhalb davon geschieht. Selbst die schrecklichste Absicht, der schrecklichste Gedanke, die schrecklichste Tat, die schrecklichste Qual, das schrecklichste Leiden und die schrecklichste Prüfung können die absolute Reinheit unserer Liebe nicht verletzen, und auch, wenn sich Schichten von Schmerz darüberlegen können, bleibt unsere Essenz für immer der Funke Gottes, der tief in uns verankert ist.

Unsere Essenz ist NICHT gleichzusetzten mit unserem Geist, und es ist äußerst irreführend, das Wort 'Geist’, als Synonym für ‘Essenz’ zu verwenden, wie viele Wörterbücher es tun. Unser Geist ist ein Fragment des Ganzen, der Seele - unsere Liebe und unser Licht - und in Abgrenzung dazu widersetzen wir uns als Geist unerbittlich all dem, was unsere wahre Essenz ist. Das heißt: wir bekämpfen die Liebe, wir verleugnen die Wahrheit, wir widersetzen uns der Stille, wir wirken der Harmonie entgegen und wir werden niemals wahre Freude kennen, wenn wir uns dafür entscheiden, in der Trennung von unserer Seele zu bleiben.

Und so erschaffen wir eine falsche Essenz, indem wir den Bildern glauben, die uns ständig über unser Wesen vermittelt werden. Wir gewöhnen uns an diese Bilder und lernen, uns mit dem Märtyrer, der Hausfrau, der Berühmtheit, dem ‘guten Sohn’, dem reichen, dem armen, dem wohltätigen Menschen oder dem erfolgreichen Menschen und so weiter und so fort, zu identifizieren, sowie mit der Emotion, die in unserem Verhalten am häufigsten dominiert, sei es Traurigkeit, Glück, Bitterkeit, Wut usw. Wir nehmen dann all dies und sagen, dass es das ist, was wir sind, und dass diese Etiketten unser Wesen beschreiben, obwohl diese Bezeichnungen in Wirklichkeit dazu dienen, uns von unserem Wesen getrennt zu halten.

Wenn wir zum Beispiel glauben, dass unsere Essenz Traurigkeit ist, dann müssen wir nicht die Verantwortung dafür übernehmen, diese Traurigkeit zu heilen und die Liebe auszudrücken, die von Natur aus dahintersteckt. Wenn wir glauben, dass unsere Essenz Wut ist, dann können wir weiterhin vermeiden, die zarten, sensiblen und liebevollen Wesen zu sein, die wir alle sind. Das Gleiche gilt für das ‘nett’ sein, die Höflichkeit, das Gute und die Wohltätigkeit, denn wenn wir eines davon oder sogar all dies sind, brauchen wir nie tiefer zu schauen, warum wir danach streben müssen, Gutes zu tun, anstatt wahrhaftig zu sein.

Es war Shakespeare, der der Menschheit die ultimative Frage über unser Wesen stellte: „Sein oder nicht sein?" Er stellt uns vor die Frage, ob wir uns für die falsche Welt der von uns geschaffenen sozialen Konstrukte entscheiden ODER ob wir uns dafür entscheiden, einfach nur zu sein und durch unser Sein alles zu übertreffen, was in der Welt nicht wahr ist und daher auch keine Liebe ist. Shakespeares Protagonist Hamlet stellt jedem Menschen über die Jahrhunderte hinweg die ultimative Frage - eigentlich die einzige Frage, der wir uns als Menschen wirklich stellen müssen:

Wollen wir unser wahres Wesen sein oder nicht sein?

Oder wir könnten sagen: Wollen wir Liebe sein oder nicht sein? Das ist die Frage. Die Wahl liegt immer bei uns.

Wir sind mehr als die Summe all unserer Verletzungen und vermeintlichen Fehler, Schwächen und Persönlichkeitsmerkmale. Denn das, was wir in Essenz sind, ist weitaus größer als das, was uns daran hindern soll, es zu leben.

Warum also wählen wir etwas zu sein, was nicht Liebe ist und was nicht unser wahres Ich ist? Wenn unsere größte Verletzung darin besteht, dass wir uns entschieden haben, uns selbst zu verlassen (Serge Benhayon), wie kommt es dann, dass es so unangenehm ist, unser wahres ‘Wir’ zu sein? Wie kommt es, dass wir es vorziehen, an der Traurigkeit, der Wut und all dem, was wir nicht sind, festzuhalten, anstatt die Freude, die Liebe, die Wahrheit und das Ganze, was wir sind, zu sein?

Was hindert uns daran, aus unserer wahren Essenz zu leben, wenn wir das bereits sind?

Was uns im Weg steht, sind all die Personas, die Rollen, die Titel und die Identitäten, die wir gewählt haben zu werden und die in keiner Weise Teil unserer wahren Essenz sind. Sie sind das, an das wir uns verkauft und mit dem wir uns identifiziert haben und daher dazu 'geworden' sind, aber sie sind nicht der Ausdruck der Unermesslichkeit, die wir sind. Sie sind ein stark reduziertes Bild von dem, was wir zu sein glauben, und versuchen, uns aufzuzwingen, um zu behaupten, wir seien es wirklich.

Was ‘das, was wir nicht sind‘ noch weiter zementiert, ist, dass wir tief in alles investiert haben, was diese Dinge mit sich bringen, nämlich: Anerkennung, Bestätigung, Auszeichnungen, Status und dergleichen. Nichts davon wird durch das Licht und die Liebe unserer Essenz angeleitet, sondern durch eine Kraft, die sich der Liebe widersetzt und der wir lange bequem erlaubt haben, unser Leben zu führen. Dies haben wir getan, um die Heilung unserer tiefsten Verletzungen und die Übernahme der Verantwortung dafür, dass wir uns entschieden haben, „all das zu sein, was wir nicht sind", zu vermeiden. Es ist die Erleichterung, die uns angeboten wird, um den Schmerz zu verbergen, den wir empfinden, wenn wir unsere Liebe, unser Licht, unsere Wahrheit aufgegeben haben.

Wenn wir in der Lage sind, von innen nach außen zu leben, sind wir in der Lage, uns davon zu befreien, von all dem geformt zu werden, was uns von außen nach innen aufgedrängt wird.

„Je mehr du wählst, deinen eigenen Atem zu atmen, desto mehr wirst du deine Essenz kennen."

Serge Benhayon The Living Sutras of the Hierarchy, 1. Auflage 2009, S. 246
(Aus dem Englischen übersetzt)

Frei übersetzt aus dem Englischen. Originalartikel: Essenz

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